Solothurner Zeitung, 17.12. 2012
Viele der Menschen im Publikum, die der Aufführung der Teile I, V und VI des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach an diesem Wochenende in der Jesuitenkirche begeistert zuhörten, haben dieses Werk schon mehrfach erlebt. Denn alljährlich laden die Singknabenihre Hörergemeinde, die sich durch diese Musik immer wieder berühren lassen möchte, zu einer Aufführung unterschiedlicher Teile des Oratoriums BWV 248 ein.
Stets ist die Kirche – wie jetzt auch – bis auf den letzten Platz besetzt. Denn ohne das Konzert der Singknaben, die man ja so gerne im Altarraum betrachtet, kann in Solothurn bekanntlich das Weihnachtsfest nicht beginnen. Diesmal allerdings bot sich den euphorisch Zuhörenden eine wahrhaft begnadete Aufführung.
Der rund 40-köpfige Chor aus jüngeren und älteren Singknaben, die schon morgens eine teils szenische Aufführung des Weihnachtsoratoriums für Kinder im Konzertsaal bestritten hatten, befand sich hoch konzentriert und stimmlich in bester Verfassung.
Das aus 24 Profi-Musikern bestehende Ensemble cantus firmus widmete sich dieser Bachkomposition sorgfältig und spannungsreich mit Instrumenten in historischer Mensur.Man konnte sich kaum satthören an den wohldosiert eingesetzten Instrumentalfarben, die der Klangmagier Bach so prachtvoll zusammenfügte: Der strahlend-festliche Ton der Trompeten, das geglückte Zusammenspiel der Bläser wie Fagott und Oboen, die wuchtigen Pauken sowie den rhythmisch exakten Streicherklang samt der poetisch untermalenden Solovioline der Konzertmeisterin.
Das Glück voll machten die vier Solostimmen: Tenor Michael Feyfar, den man hier mit seiner hellen Stimme und deutlichen Aussprache als Evangelisten schätzt; dazu Countertenor Jan Börner, dessen klare Altstimme fein interpretierend das Kirchenschiff füllte, ergänzt durch Sopranistin Mirjam Berli, die mit funkelnder Stimme gefiel, und schliesslich Bassist Jonathan Sells. Obwohl der Herkunft nach englischsprachig gelang sein emotional betonter Vortrag, der etliche luftraubende Auszierungen beinhaltet, herzerfreuend.
Im Quartett gefielen die vier Vokalisten ebenfalls. Diesen vielen Mitwirkenden vermittelte Gesamtleiter Andreas Reize, Leiter der Singknabender St.-Ursen-Kathedrale und weiterer renommierter Chöre, eine perfekte Führung. Die Übersetzung seines beweglichen, allen Partiturforderungen entsprechenden Dirigierstils ergab in der Summe dieses wunderbare Konzert, das Bach tänzerisch und gelegentlich gar swingend erleben liess. Ganz ums Publikum geschehen war es nach den beiden stimmungsvollen a cappella gesungenen Zugaben.