Keine Weihnachten, ohne das Konzert der Singknaben der St. Ursenkathedrale gehört zu haben. Dies zeigte die voll besetzte Jesuitenkirche: Chor, Orchester und Solisten gestalteten Bach’s Weihnachtsoratorium sehr einfühlsam.
Susi Reinhart
Bereits zu Beginn, wenn Pauken und Trompeten dieses wundervolle Werk von Johann Sebastian Bach (1685-1750) einleiten, entsteht in ein jedem Kirchenraum eine aussergewöhnliche Stimmung. Wenn danach helle, reine Knaben- und Männerstimmen zum innigen und beweglichen Klang des historischen Instrumentariums des «cantus firmus consort» Orchesters «Jauchzet, frohlocket! Auf, preiset die Tage. Rühmet, was heute der Höchste getan!» singen, ist der Genuss ein besonderer.
Wunderschön, mit welcher Eleganz Dirigent Andreas Reize den Eingangschor ausstattete, wie er den Sprachrhythmus umsetzte und die Textausdeutung mit einbezog. Bei den 30 Knaben der St. Ursenkathedrale, die von 16 jungen Männern unterstützt wurden, fiel der grosse Anteil an sehr jungen Sängern auf. Zum Teil waren es erst Zweitklässler.
Zehn von ihnen sind frisch bei den Singknaben dabei, haben die drei der sechs Kantaten, die für dieses Jahr ausgewählt worden waren, ganz neu einstudieren müssen. Weitere fünf Jungs durften dieses Jahr erstmals beim Weihnachtsoratorium mitsingen. «Jeder der Knaben hat seinen Part einzeln vorgesungen», erklärt Reize nach dem Konzert. Er sei überrascht, bei so vielen Neuen, dass es so gut gegangen sei. Erstaunlich, mit welcher Unverkrampftheit hier musiziert wurde. Die Potenzial der jungen Stimmen wurde nie forciert, und kam so mit berauschender Leichtigkeit daher.
Ideal die Grösse des Orchesters, das sich dem Klangvolumen der Sänger anzupassen wusste. Mit dem Solistenquartett Ulrike Hofbauer (Sopran), Jan Börner (Altus), Michael Feyfar (Tenor) und Domink Wörner (Bass) kamen wohlklingende Solostimmen hinzu, die ihre Texte sehr lebendig gestalteten, und im Zusammenklang sehr schön harmonierten. Bisweilen nahm sich die Sopranistin etwas zu stark zurück, so dass gewisse Phrasen im Gesamtklang untergingen. Bei der zweiten Kantate «Ehre sei dir, Gott, gesungen», dem fünften Teil des Oratoriums, welche die Suche der Weisen aus dem Morgenland nach dem Kinde beschreibt, konnten die Zuhörer den berührenden Klang der beiden «Oboe d’amore» erleben. Was dem Chor hier an Beweglichkeit abverlangt wurde, war ausserordentlich, und sie meisterten es mit Bravour.
Ein besonderer Höhepunkt war der wenig später erfolgende Dialog zwischen Chor und einem ergreifend singenden Altus mit spannend herausgearbeiteten Tempounterschieden. Als dritte Kantante kam «Herr, wenn die stolzen Feinde schnauben» zum Erklingen. Hier glänzte der Chor ganz besonders mit dem innigen gesungenen Choral «Ich steh an deiner Krippen hier».
Ein Genuss, wie sich im zweitletzten Satz die vier Solisten zum Rezitativ «Was will der Höllen schrecken nun» vereinigen. Im Letzten Choral dann nochmals die ganze Virtuosität der Trompeten, die während des ganzen Werks immer wieder aufhorchen liessen, und der Chor blühte nochmals auf zu einem schönen, kraftvollen Schluss. Das begeisterte Publikum wurde die Wiederholung eines richtig frohlockenden ersten Satzes belohnt und gab sich erst nach einem «Il est né le divin enfant», von den Singknaben a capella gesungen, zufrieden.