Bach: "Labet Herz und Sinnen"

Weihnachtsoratorium entzückte wieder Kinder und Erwachsene

Die Singknaben der Ursenkathedrale gestalteten an diesem Wochende drei Aufführungen des Weihnachtsoratoriums von Johann Sebastian Bach: Eine gut verständliche Kurzversion für Kinder im Konzertsaal und zwei Aufführungen der Teile I, II und IV in der Jesuitenkirche.

Gundi Klemm, © Solothurner Zeitung / MLZ 14.12.2009

Wie immer, wenn die Singknaben zur für Solothurn traditionellen Aufführung des Bachschen Weihnachtsoratoriums einladen, ist der Andrang riesengross. So auch zur Aufführung am Samstagabend, die aber in ihrem Reiz schon als besonderes Ereignis gewürdigt werden muss. Natürlich bleibt es immer schwierig, sich an früher gehörte Darbietungen des Weihnachtsoratoriums zu erinnern. Dennoch dürfte dieses Konzert einen Markstein in der Chorgeschichte bilden. Denn noch nie war die rhythmisch-musikalische Grazie dieses Bach-Werks so gut hörbar, dass Herzen im Publikum regelrecht mithüpften.

Der beschwingte Tanzcharakter, mit dem Altmeister Johann Sebastian einer Mehrzahl seiner Schöpfungen einzigartigen Lebensgeist einhauchte, war bei dieser Darbietung deutlich spürbar. Hinzu kam die hohe Konzentration der 50 Chorsänger, die aufmerksam alle durch Chorleiter Andreas Reize angedeuteten Differenzierungen umsetzten. Er formte die Worte lautlos mit und gab in seinem gefälligen Bewegungsduktus als Dirigent das Zeitmass jedes einzelnen Stücks vor.

In den 26 Angehörigen des Orchesters cantus firmus consort, das die Aufführungen auf historisch autenthischen Instrumenten begleitete, wie sie in der Bachzeit üblich waren, standen ihm Partner zur Verfügung, die das Tongewebe mit atmendem Geist erfüllten. Im eröffnenden "Jauchzet, frohlocket" etwa kommt der freudig-erregenden Trommelsprache der Timpani eine wichtige Aufgabe zu. Instrumentalist Philip Tarr aus der Nähe bei seinen gewandten Einsätzen zu beobachten, übertrug etwas von der Essenz dieses Werkes. Gleiches galt für die übrigen Mitglieder des Ensembles, die kunstfertig auf ihren Instrumenten die Stimmungen der Weihnachtserzählung ausmalten. "Ich bin sehr glücklich, dass mir für derartige Aufführungen mit unseren Singknaben ein eigener Chor und im consort ein eigenes Orchester zur Verfügung stehen", meinte Reize im Nachgang zu den drei Konzerten. "Diesmal hat wirklich alles gestimmt!"

Zu dem geschlossenen Höreindruck trug ebenso der rundum geglückte morgendliche Auftritt für Kinder bei, der nach dem letztjährigen Start in der Jesuitenkirche diesmal bei guten akustischen Bedingungen im Konzertsaal stattfand. 500 jugendliche und erwachsene Zuhörer liessen sich von der Kurzversion begeistern, die szenisch angedeutet von einer Hirtin (Monika Dierauer) als fröhliche, allerdings kaum sakrale Weihnachtsgeschichte erzählt wurde. Gemeinsam mit den Singknaben trat hier auch der Solothurner Mädchenchor auf. Fürs jugendliche Publikum interessant wurde der Blick ins Handwerk des Komponisten Bach, der mit vielerlei musikalischen Kunstgriffen sein Werk ausformte.

Wunderbare Ausstrahlung

Mit seinen Solisten hatte Reize die bestmögliche Wahl getroffen. Dem Publikum seit Jahren bekannt ist Jan Börner, der seinen Weg vom Singknaben bis zum ausgebildeten, schönstimmigen "Altus"-Sänger vollzogen hat. Die Entdeckung dieses Konzerts bestand im 28-jährigen Tenor Jakob Pilgram, der seinen Part in Rezitativen und Arien abgerundet lebte. Unvergesslich bleiben seine mit langem Atem exakt gesungenen Auszierungen der Hirten-Arie in Teil II, die mit den Worten schliesst: "Geht und labet Herz und Sinnen". Grosses Lob verdienen auch die Sopranisten des Chors Pascal Nussbaumer, Joel Arni und der erst achtjährige Luca Domina bei ihren bravourösen Soli. Stimmlich prachtvoll gefiel Bass Markus Volpert, der abschliessend auf der Chorbasis "Wie schön leuchtet der Morgenstern" die Komposition von Peter Cornelius "Drei Könige" sang.

Und natürlich erfüllte Reize die Zugabe-Hoffnung mit einer modernen Fassung von "Maria durch ein Dornwald ging", die der Chor a cappella sang. Hingerissen spendete das Publikum allen Mitwirkenden Beifall und drückte auch damit seinen Dank aus, dass - wie es alt Regierungsrat Thomas Wallner formulierte- der erfreuliche Zuwachs an jungen Stimmen so erfolgreich ausgebildet wird.

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