Grosse Musik für kleine Zuhörer

Das erstmalige Weihnachtsoratorium für Kinder war ein riesiger Publikumserfolg

Vorfreude auf Weihnachten, eine kindgerechte Aufbereitung des bachschen Weihnachtsoratoriums und viel Lust am Singen. Dies vermittelte die Aufführung am Samstagmorgen in der Jesuitenkirche. Mädchenchor und Singknaben, Instrumentalisten, Solisten und Gesamtleiter Andreas Reize betraten mit dieser Aufführung Neuland.

Gundi Klemm, © Solothurner Zeitung / MLZ 15.12.2008

«Und es war kein Raum mehr in der Herberge»: Schon eine halbe Stunde vor Konzertbeginn waren alle Plätze im Mittelschiff der Jesuitenkirche durch erwartungsvolle Kinder und begleitende Erwachsene belegt. Die später Eintreffenden blickten entweder von der luftigen Höhe der Emporen aufs Geschehen oder fanden noch Unterschlupf bei zusammengerückten Bankgemeinschaften.
Und plötzlich erhob sich die Stimme der «Hirtin» (Monika Dierauer), die bei ihrer Wanderung vom Mittelgang der Kirche zu Orchester und Chor im Altarraum in ihrem angenehm klingenden Bündner-Deutsch davon erzählte, wie das Christkind auf die Welt gekommen ist. Vertont habe diese wundersame Geschichte der Komponist Johann Sebastian Bach, schilderte sie weiter. Sein Weihnachtsoratorium, das in Solothurn schon seit langen Jahren in der Adventszeit erklingt, beginnt mit der Geburt Jesu im Stall zu Bethlehem.

Anschauliche Umsetzung

Die klare Stimme von Tenor Michael Feyfar berichtete von den Hirten auf dem Felde, die sich mit Musik die Zeit vertrieben. Doch plötzlich habe es am Himmel einen lauten Knall gegeben, der nach Trommelwirbeln ein berauschendes Schwirren und Flirren einleitete. Das Ensemble «cantus firmus consort» setzte dies als musikalische Lautmalerei deutlich hörbar um. Stellvertretend für die Engelsscharen sang danach die 90-köpfige Gemeinschaft aus Mädchenchor und Singknaben die glückliche Ankündigung von Jesu Geburt «Jauchzet, frohlocket». Um dem festlichen Klang der Trompeten Geltung zu verschaffen, spielten sie von der Kanzel herab.
Nach dem ersten Schrecken war die gesamte Hirtenschar nach Bethlehem gelaufen, um das Weihnachtswunder zu bestaunen. Da fanden sie das Kind in eine Futterkrippe gebettet, in der noch - wie die Violinen schrill nachempfanden - schmerzhaft stechendes Stroh lag. Der blinde Bass-Solist Thomas Moser besang in seiner Arie, wie wenig der Heiland «... der Erden Pracht ...» bedarf. Bis das Orchester den lieblichen Klang für das von Lea Scherer gestaltete Schlaflied für das Jesuskind fand, nutzte die Erzählerin die Zeit, um den Kindern alle Instrumentalstimmen vorzustellen. Die Vorfreude auf das Weihnachtsfest überbrachten dann alle Mitwirkenden mit dem Martin-Luther-Lied «Vom Himmel hoch ...» und als Zugabe nochmals «Jauchzet, frohlocket».

Als Idee begeisternd

Als sich die Kirche langsam leerte und alle Kinder mit einem Lebkuchen beschenkt wurden, gab es viele anerkennende Worte. «Richtig schön wars», meinten etwa die Zuchwilerin Karin Saez oder Lilian Bläsi aus Bellach, deren Enkelkinder mitsingen. Als «Weihnachtsoratorium für Kinder» bedeutete diese von Singknaben-Leiter Andreas Reize erarbeitete Aufführung Neuland für die Schweiz. Auch sein Vorgänger Peter Scherer war des Lobes voll. Bedauert wurde hier und da, dass nicht alle Kinder einen freien Blick auf den Altarraum hatten, wenngleich Reize die kleinen Zuschauer aus dem hinteren Kirchenteil nach vorne in den Mittelgang einlud. Grundsätzlich begeistert von der Aufführung war Monika Gubser, die bekannte Solothurner Schauspielerin. Noch überzeugender wäre die Leistung indes ausgefallen, meinte sie, wenn die akustische Verstärkung bei Sprecherin und Gesangssolisten professioneller eingestellt gewesen wäre.
Am Samstag (Jesuitenkirche Solothurn) und Sonntag (Eusebiuskirche Grenchen) jeweils am Abend fanden dann die vollständigen Aufführungen des Weihnachtsoratoriums statt. Dabei präsentierten die Singknaben mit Orchester und Solisten die Teile 1 bis 3 des sechsteiligen Werks.

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