Die Solothurner Singknaben bieten ergreifendes bis pfiffiges Konzert

Mit ihrem traditionellen Konzert zum Bettag bezauberten die Singknaben, ihr musikalischer Leiter Andreas Reize, Angelika Hirsch (Orgel) und Soma Salat (Violone) ihr Publikum.
«Das war ein wunderbarer Musikabend», hiess es von allen Seiten beim Verlassen der Franziskanerkirche nach dem Konzert. Die Begeisterung war berechtigt, denn Andreas Reize, musikalischer Leiter der Singknabenseit 2007, hatte das Programm unter dem Titel «Eine Entdeckungsreise» gekonnt aus ergreifenden, bewegenden, pfiffig-fröhlichen und vor allen Dingen neuen musikalischen Bausteinen zusammengestellt. So erlebte das Publikum nicht nur mehrstimmige Motettenkunst alter und zeitgenössischer Meister, sondern auch vielsprachig Kunst- und Volkslieder sowie süffige Kompositionen aus dem Unterhaltungsgenre. Im rassigen Chorsatz den Evergreen «Rock Around the Clock» zu singen und das Publikum mit passend choreografierten Bewegungen anzuheizen, machte allen Beteiligten sichtbar Freude. Mitreissend gelang die «Lady Madonna», die Zuhörende von den Beatles im Ohr haben. Kaum hatte sich der Beifall gelegt, überraschten alle Chormitglieder mit ihrer Aufstellung an allen vier Kirchenwänden entlang und ihrem zu Herzen gehenden «Valse des Chandelles». Mit einem englisch gesungenen Schreittanz verliessen sie das Kirchenschiff – so, wie sie es anfänglich erobert hatten.

Neue und alte Chormusik

Vom 1950 geborenen Brasilianer Ernani Aguiar stammte das «Salmo 150», dessen jeweiliger Zeilenbeginn «Laudate» zum musikalisch wie lächelnden Silbenspiel «la, la» geriet. Der 33-jährige Norweger Ola Gjeilo komponierte «Tota pulchra es Maria», scheute moderne Akkorde so wenig wie der 1938 geborene Engländer Peter Aston im nachfolgen-den Beispiel für Neue Musik «Alleluja Psallat», das mit einem Diskant wie ein Paukenschlag beginnt, um sich dann harmonisch zu glätten. Das vollstimmig vokale Klangerlebnis schenkte danach Heinrich Schütz (1585–1672) mit «Singet dem Herrn ein neues Lied». Bewundernswert war, wie alle Chormitglieder hier das Wort (Motette kommt von franz. mot) im dramatisch bewegten Wechsel der Stimmen ausdeuteten. Mit seinem «Kyrie» war Dietrich Buxtehude (1637–1672) zu hören, dem sich Claudio Monteverdi (1567–1643) mit einem «Gloria» anschloss. Vom Venezianer Giovanni Gabrieli (1557–1612), Lehrmeister übrigens von Schütz, erkang das würdevolle «Jubilate deo omnis terra». Der Engländer Henry Purcell (1659–1695) steuerte als Teil dieser grossen Musikepoche das «Magnificat» bei.

Kunstsinnig und volkstümlich

Einen Sprung in die Gegenwart brachten das bekannte Gospel «He’s Got the Whole World in His Hand» (Ray Liebau) und der innige Chorsatz «Chante en mon cœur» (Pierre Kälin), den alle Stimmen in anrührender Geschlossenheit sangen.
Das Publikum war entzückt über «Les amis de la table ronde», «Mei- teli, wenn dü witt go tanzä», über «Aveva gli occhi neri» mit dem Refrain «bellabionda» über das Lied «chara lingua dalla mamma», das der anwesende Musiker Mario Ursprung letztjährig den Singknabenwidmete, und das vergnügliche, mit Händeklatschen rhythmisierte «Ibrä Gotterd flyyget Bräämä». Dessen Komponist Robert Fäh sass offenbar auch im Publikum.
Mit einer instrumentalen «Ciaconna» (Bernardo Storace) und der an Automatenmusik erinnernden «Alpenrosen-Polka» lockerten Angelika Hirsch und Soma Salat den Abend auf.

Solothurner Zeitung, 19.9. 2011, Gundi Klemm

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