Unterwelt der Liebe

Historische Instrumente, barocke Musikklänge und pastellfarbene Kostüme soll(t)en den Schweizer Tenor Michael Feyfar in der Rolle des Orphée vor der einmaligen Kulisse des Schloss-parks auf Waldegg in Feldbrunnen bei Solothurn in die märchenhafte Unterwelt der Liebe führen. Einzig das wechselhafte Wetter machte diesem Vorhaben bei der Premiere einen Strich durch die Rechnung. Zum Auftakt der lohnenden Aufführungen wurde deshalb in den Konzertsaal Solothurn geladen.

Aargauer/Solohurner Zeitung, 20.8.2007, MIRJAM BüHRER

EINE GOLDENE HARFE ziert das Bühnenbild, während in der Mitte des Orchesters das Cembalo eine musikalische Märchenlandschaft heraufbeschwört. Werktreu, stilecht und fein ausgearbeitet präsentiert sich das dynamische Vokalensemble gemeinsam mit dem Orchester unter der Leitung des Solothurner Dirigenten Andreas Reize. Die ausdrucksstarken Chorpartien nach dem Bewegungskonzept von Georg Rootering gehen harmonisch mit dem präzisen Orchester einher.

Bereits beim ersten Auftritt – ganz in Schwarz – nimmt der Chor individuelle Alltagsposen ein. Mit wenigen kleinen Gesten und Hilfsmitteln wird die von der Musik erzeugte Stimmung auf der Bühne umgesetzt. Spiegeltafeln im Chor ermöglichen es dem Publikum, den um seine Liebste ringenden Orphée beim Gang durch das Labyrinth der Unterwelt zu begleiten.

Die Vorlage von 1774 fällt in die Zeit der Opernreform in Paris. Während sich die italienische Oper damals abzunützen drohte, versuchte der deutsche Komponist Christoph Willibald Gluck (1714–1787) die Oper wieder der ursprünglichen griechischen Form der Tragödie anzunähern, in der menschliche Dramen, Leidenschaft, Schicksalsschläge und urmenschliche Gefühle im Vordergrund stehen.

Gluck entwickelt seinen Opernstil, indem er Musik und Wort gleichwertig betrachtet. Er setzt Sequenzen von Handlungsballetten wie auch die Arien – dem Spannungsverlauf entsprechend – sinnvoll ein und lässt sein Stück anstelle des tragischen Endes einen glücklichen Ausgang nehmen.

Kurz nach der Vermählung stirbt Euridice an einem Schlangenbiss. Daraufhin erlauben die Götter dem leidenden Gatten, seiner Geliebten in die Unterwelt zu folgen. Unter der Bedingung, dass Orphée seine Euridice keines Blickes würdigt und sie nicht vom Willen der Götter unterrichte, macht er sich auf den Weg, sie zu erlösen. Durch sein Leierspiel, seinen Gesang und mithilfe Amors gelingt es dem frisch Vermählten, die Dämonen der Unterwelt zu besänftigen.

MIT VIEL SPIELFREUDE zeigen die jungen Solisten in den Hauptrollen solide Leistungen. Michael Feyfar als Orphée meistert eine in höchste Register führende Tenorpartie des klassischen Repertoires, Alessandra Boër als Euridice überzeugt mit ihrer Bühnenpräsenz, derweil Marysol Schalit charmant, gewitzt und stimmlich einwandfrei die Rolle der Amour verkörpert.

Stolz auf eine Produktion «aus der Region für die Region», würdigte das Premierenpublikum die in sich stimmige Leistung aller Beteiligten mit anhaltendem Applaus. Schade nur die wetterbedingt alternative Spielstätte im Konzertsaal, die nicht annähernd an die Atmosphäre auf Schloss Waldegg herankommt und dem Gesamtwerk doch den entscheidenden barocken Zauber nimmt.

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