Schubert mustergültig interpretiert

Zwei Grosswerke Schuberts in mustergültiger Interpretation - zu diesem Genuss kamen die Besucherinnen und Besucher am Konzert des Kammerchors Buchsgau in Oberbuchsiten. Das diesjährige Konzert des Kammerchors Buchsgau war ganz dem Komponisten Franz Schubert (1797-1828) gewidmet.

Oltner Tagblatt / MLZ; 3.6. 2008, Hans-Rudolf Binz

Der unter der Leitung des Dirigenten Andreas Reize, Solothurn, stehende Chor führte die Messe Nr. 5 in As-Dur D 678 auf, eine in Umfang und Bedeutung an Beethovens Missa solemnis gemahnende Vertonung des lateinischen Messetextes. Originell und glück-lich war die Idee, dieses Werk für Solostimmen, Chor und Orchester mit einem reinen Instrumentalwerk zu kombinieren, nämlich der Sinfonie Nr. 7 in h-Moll D 759, bekannt und berühmt als «Die Unvollendete». Da von diesem Werk nur zwei Sätze existieren, stand es umfangmässig in einem wohl ausgewogenen Verhältnis zur Messe.

Die Sinfonie entstand in einer Zeit, als Schubert eine schwere Krise durchmachte und nach neuen Wegen suchte. Mit guten Gründen wird sie mit Schuberts allegorischer Erzählung «Mein Traum» in Verbindung gebracht. Darin ist die Rede von tiefer Niedergeschlagenheit, Trauer, Sehnsucht nach Erlösung, aber auch von Liebe, innerer Andacht und ewiger Seligkeit. Die Aufführung durch das cantus firmus consort war sichtlich von dieser Deutung inspiriert und machte das Hintergründige dieses für seine Zeit völlig neuartigen Werkes hörbar.

Schlanker, farbiger Klang

Das unter der ständigen Leitung von Andreas Reize stehende cantus firmus consort ist ein auf historischen Instrumenten in entsprechender, durch Quellenstudien belegter Spielweise musizierendes Orchester. Die verglichen mit modernen Instrumenten geringere Lautstärke wirkte in dem nicht allzu grossen Raum äusserst wohltuend, auch das mächtigste Fortissimo überschritt nie die Grenzen des Erträglichen. Die Farbigkeit und Schlankheit des Klanges machte den Detailreichtum der Partitur deutlich, und das verglichen mit anderen Interpretationen recht zügige Tempo des ersten Satzes überzeugte.

Die vollständige Ausnützung der dynamischen Bandbreite des Instrumentariums zeigte den Kontrastreichtum in Schuberts Werken und verlieh den oft unvermittelten Übergängen eine höchst dramatische Wirkung. Da die Holzblasinstrumente zur Zeit Schuberts noch nicht vollkommen gleichstufig intoniert waren, erhielten gewisse Akkorde eine besondere Färbung, ein durch die Wahl der Tonarten h-Moll und E-Dur für die beiden Sätze von Schubert gezielt eingesetzter Effekt.

Für die Aufführung der As-Dur-Messe trat zu Orchester und Chor ein Solistenquartett, bestehend aus Marni Schwonberg, Sopran, der Altistin Barbara Erni, dem Tenor Rolf Romei und Thomas Moser, Bass. Diese drei Klangkörper ergänzten sich ideal, Chor und Orchester waren in der Lautstärke bestens ausgeglichen, und die vier Solisten verschmolzen nicht nur unter sich zu einem homogenen Ganzen, sondern fügten sich auch vollkommen in den orchestral-vokalen Gesamtklang. Dies ist unter anderem das Resultat einer an der Aufführungspraxis alter Musik orientierten, vibrato-armen Sing- und Spielweise, welche die natürliche Schönheit der Stimmen besonders schön zur Geltung brachte, den strahlenden, hellen Sopran und den etwas dunkleren, aber ebenso kräftigen Alt, welche in einigen Solo-Abschnitten ihre Fähigkeiten unter Beweis stellen konnten, während die beiden Herren, der kompositorischen Anlage des Werks entsprechend, eher etwas im Hintergrund zu bleiben hatten.

Pflege von Piano und Pianissimo

Der Kammerchor Buchsgau überzeugte durch ähnliche Qualitäten wie das Orchester, kultivierten Chorklang, dynamischen Reichtum und saubere Intonation. Gerade das Letzte war bei den bisweilen entlegenen Tonarten oft nicht einfach. Was gerade bei Laienchören oft ein Schwachpunkt ist, überzeugte bei dieser Aufführung vollkommen: die Pflege des Piano und des Pianissimo. Auch längere Partien wurden in der vorgeschriebenen, geringen Lautstärke durchgehalten und wirkten so besonders eindringlich, das Forte setzte sich umso wirkungsvoller dagegen ab. Hier wurde das Ergebnis langer und gründlicher Probenarbeit sichtbar. So konnte Andreas Reize Sänger und Instrumentalistinnen mit lockerer Hand führen, sie griffen seine Intentionen auf und setzten sie um.

Dass Chor und Orchester ständig vom gleichen Dirigenten geleitet werden, ist ein Glücksfall und trug wesentlich zum hervorragend abgerundeten Gesamtergebnis bei. Fast bedauert man, dass nächstes Jahr nicht wieder Schubert auf dem Programm steht, doch wird im März 2009 auch die Aufführung der Matthäuspassion von J. S. Bach wieder zu einem einzigartigen Erlebnis werden.

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