Schwungvolle Zauberflöte gewürzt mit Videobotschaften

Oper Mozart-Dauerbrenner zwischen Barock und MTV

Solothurner Zeitung / MLZ; 06.06.2007

Absolventen der Hochschule der Künste Bern, Abteilung Musik, präsentierten in Biel und Solothurn Mozarts Zauberflöte. Die Musik, gespielt auf historischen Instrumenten, begleitete eine Inszenierung im MTV-Stil. Ein Stilmix, der anregte.

Mozarts Zauberflöte ist die meistgespielte Oper überhaupt. Der Komponist und sein Librettist Schikander haben darin so viele Facetten des Lebens und des Liebens eingewoben, dass bis auf den heutigen Tag unendlich viele Interpretationen möglich sind. Eine Interpretation der ungewöhnlichen, aber sehr anregenden Art, konnten die Zuschauer im Theater Biel sowie im Konzertsaal und im Theater in Solothurn vor wenigen Tagen erleben. Die Zauberflöte als jugendlich, rasantes Stimmungsspiel, als komödiantisches, aber auch beängstigender Liebesstrudel.

Die Musik dieser Zauberflöte verlangte vom Hörer ein Einlassen auf neue Hörgewohnheiten. Andreas Reize, Leiter des Cantus Firmus Consort und Dozent für Musik in historischer Aufführungspraxis an der Berner Hochschule, dirigierte anhand einer Bearbeitung aus dem Jahr 2004 von Bertrand Peigné, welche dieser speziell für ein Bläserensemble adaptierte. Reize verwendet im Ensemble aus- schliesslich historische Instrumente. Diese Interpretation ist Reize vorzüglich gelungen. Die Partitur wurde äusserst sensibel umgesetzt, die Klangfarben der einzelnen Blasinstrumente kamen voll zur Geltung. Ein Genuss.

Spiel und Stimmen überzeugten

Ein Genuss waren auch durchwegs die Stimmen und das Spiel der jungen Sängerinnen und Sänger der Hochschule, allen voran natürlich der «Papageno», verkörpert von Erwin Hurni. Sein Stimme vermochte den Part mit Leichtigkeit zu interpretieren, sein Mienen-Spiel und seine Bühnenpräsenz liessen ihn wie einen «Grossen» agieren. Eine schöne Leistung brachte auch «Tamino», Erlend Tvinnereim mit seinem lyrischen Tenor und etwas kühlerem, aber angenehmen Spiel. Ohne Fehl und Tadel - nur mit kleinen Stimmproblemen ganz am Schluss der fast dreistündigen Aufführung - die «Pamina» von Muriel Schwarz. Diana Petrova als «Königin der Nacht» überzeugte ebenso in Stimme und Gestik. Sie überwand doppelte Hürden: als ob ihre beiden Arien nicht schon Höhe genug erforderten, musste sie ihren Part auf fast 30 ! Zentimeter hohen Plateau-Schuhen absolvieren. Zum kargen Bühnenbild, bestehend aus Muttis ausrangierten Küchenstühlen, die allerdings virtuos eingesetzt wurden, gesellten sich Videosequenzen an der Bühnenwand. Oft Szenen aus der Mottenfilmkiste, vielfach auch eigens gedrehte Spielsequenzen mit den Sängern oder symbolhafte Standbilder. Eine Art zusätzliches Zauberflöten-Video im MTV-Stil, mit welchem die Handlung auf der Bühne und die ambivalenten Aussagen des Stückes nochmals neue Sichtweisen ermöglichen.

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